Tagesfahrt ins Münsterland am 15. Juni 2014
Er sei im 3. Lehrjahr, meinte bescheiden Martin
Kiel, der zum 3. Mal die Tagesfahrt des HWV Bissendorf geplant hatte. Am Ende
des Tages waren sich alle einig: das war meisterhaft organisiert. Wer sein
Frühstück etwas hastig eingenommen hatte, konnte es im Bus mit einer Tasse
Kaffee ergänzen, die die Fa. Wieking spendierte.
Auf der Brücke über die Gräfte des Schlosses Raesfeld wurde die Gruppe vom
mittelalterlich gewandeten Kastellan begrüßt, der zunächst in die im
Renaissancestil erbaute Schlosskapelle führte, die mit ihren Doppeltürmen einem
Miniaturdom glich. Vor dem barocken Altar erklärte er nicht nur die daran
befindlichen Wappen, sondern auch die Entstehungsgeschichte. Graf Alexander war
im 30jährigen Krieg zu Reichtum gelangt und erbaute diese große Schlossanlage,
die noch erhaltenen Teile bildeten ein tolles Ensemble. Ein paar Jahre nach der
Beendigung des Krieges waren in adligen Kreisen offenbar Mischehen möglich, denn
der katholische Alexander heiratete in 2. Ehe eine calvinistische Braut aus dem
Hause Bentheim, der im Ehevertrag zugesichert wurde, dass sie ihren Pastor
mitbringen durfte. Unter dem Nachfolger zerbröselte der Reichtum, Teile des
Schlosses wurden als Bauteileersatzlager genutzt. Am Ende des 2. Weltkriegs war
im Rittersaal ein Verbandsplatz der Wehrmacht, alles noch vorhandene hölzerne
Inventar wurde verheizt. Heute ist im Schloss eine Ausbildungsstätte des
Handwerks für Restauratoren. Beim Spaziergang an der Gräfte wurden dank der
Hinterlassenschaften der Gänse viele an den heimatlichen Sonnensee erinnert.
Hinter den Fenstern des Trauzimmers sind 365 Tage im Jahr Hochzeiten möglich,
die dann im gastronomischen Teil gefeiert werden. Bewundert wurde der
Schlossturm, dessen Dach sich von achteckiger Basis in mehreren Stufen rundete,
somit einem Stein gewordenen Trompetenstoß glich. Zum Abschluss wurde noch das
sog. Verlieszimmer mit einer Herkulesstatue besichtigt. Der Bus brachte uns zum
4km entfernten Dorf Erle, das durch die Gebietsreform mit Raesfeld vereinigt
wurde. In einem traditionellen Gasthaus wurde das gutbürgerliche Essen mit
Appetit verspeist. Anschließend wartete der Vorsitzende des Heimatvereins Erle
vor der geschätzt 1000-jährigen Eiche, die zwar einige Stützen benötigte, aber
das Laub war dunkelgrün. Der benachbarte historische Pfarrhof ist vom Abriss
bedroht. Vor der Eiche waren Steine mit den Namen von Bauern aufgestellt, die
als Schöffen beim dort abgehaltenen Femegericht wirkten. Auf dem Tisch des
Vorsitzenden lagen Seil und Schwert als Zeichen seiner Gerichtshoheit. Das
Gericht kannte nur 2 mögliche Urteile: Freispruch oder Tod. Folter als
Druckmittel für Geständnisse gab es nicht. Da in Erle Schützenfest war und der
Umzug die Rückreise verhindert hätte, brachen wir hastig auf, nicht ohne dem
Vorsitzenden einen „Backenbriäker“ zu hinterlassen. Der Bus brachte uns nach
Gronau ins Laurenzcafe, einem Bauernhofcafe. Angesichts der vielen geparkten
Fahrräder und Autos kamen Zweifel auf, ob wir dort Kaffee und Kuchen erhalten
würden, aber alle fanden unter dem weiß-blauen münsterländischen Himmel Platz und
Apfel- oder Stachelbeerkuchen gab es auch. Das Heuhotel oder der Streichelzoo
konnten noch kurz besichtigt werden, ehe die Heimfahrt angetreten wurde. Ein
schöner Tag mit netten Gesprächen und dem Austausch vieler Erinnerungen.
Helga Hartmann-Pfeiffer
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